Oktober 1945 bis Ostern 1947

- Burghaun, 9.10.1945

Als betagte schlesische Flüchtlinge, die seit 8 Monaten in Konradsreuth waren und jetzt von dort nach Rheine/Westf. unterwegs sind, erhielten wir heute sofort und ohne Weiteres ohne darum betteln zu brauchen nicht nur sehr freundliche Aufnahme, sondern auch ein derartig üppiges Abendbrot von der sehr gastlichen Hausfrau vorgesetzt, dass unsere leeren Mägen einer starken Kraftprobe ausgesetzt waren. Haben Sie, das hochverehrte, liebe Ehepaar, innigsten Dank dafür von Ihren Ihre Liebe nie vergessenden

Richard Pohl und Frau Helene

Wildfremde Durchreisende

 

- Burghaun, 18. Oktober 1945

Nun bin ich doch einmal nach Burghaun gekommen. Schon lange Jahre hegte ich diesen Wunsch. Nur war es so ganz anders als ich mir früher diese Reise ausgemalt habe. Auf der Flucht von Tharandt b. Dresden über Eger - Regensburg - Kassel - fand ich in diesem gastlichen Pfarrhause liebevolle Aufnahme. "Der Neuberten gefiel es so gut, dass sie 10 volle Wochen hier blieb." Gerne würde ich noch bleiben, doch da ein Transport ins russische Gebiet (russische Zone) geht, will ich nun endlich meine Mutter suchen.

Ich danke herzlich für alle Liebe und Fürsorge und werde oft an die schöne Zeit denken.

Ihre Elfriede Neubert geb. Krausch

Elfriede Neubert und deren Mutter kannte mein Vater aus Bodenbach, wo er als junger Vikar war. Die Freundschaft meiner Eltern zur "Neuberten" dauerte lebenslang.

 

- Burghaun, den 18.10.45

Auf der Durchreise nach dem Westen fand ich hier herzliche Aufnahme, wofür ich herzlich danke - nach 3 Jahren Gefangenschaft.

Bernhard Pretorius

Wildfremder Durchreisender

 

- Ein Gedicht für Tante Erika (jüngste Schwester meiner Mutter) von Felsberg, die oft mit Familienanhang zu Besuch kam:  

Die Zuckerrüben lockten sehr, drum kam die Tante Eri her.

Das war ein Waschen und ein Schwappern, ein Pressen, Schnitzeln, Schüsselklappern,

ein Kochen, Rühren und Verdampfen, ein Springen und ein Füßestampfen,  

bis ganz zuletzt in tiefer Nacht das schwarze Werk ward wohl vollbracht.

Der schwarze Syrup fließt ins Glas! Und in den Sack ein fetter Has!

In Eile reist die Eri heim zum Papi und den Kinderlein.

Natürlich vergaß man's Gästebuch, drum schrieb ich selber diesen Spruch.

31.10. - 3.11.1945  -  Der Hausvater   

Eine große Menge Zuckerrüben wurde gemeinschaftlich und nachbarschaftlich geschrabbt und zerschnitzelt. Die Schnitzel wurden dann im großen Waschkessel zum Kochen gebracht und Tag und Nacht gerührt bis der klebrige Syrup entstanden war. Auch wir Kinder mussten rühren, und wir taten das nicht einmal ungern. Von Zeit zu Zeit wurde der sich bildende Schaum abgeschöpft und auf einen Teller gegeben. Davon durften wir dann naschen - köstlich!   

 

- Burghaun, 22.6.46

In Deutschlands schwersten Tagen -am Karfreitag 1945- kam ich zum ersten Male in das Pfarrhaus in Burghaun, als meine Reise mit dem Fahrrad nach Schleswig-Holstein ein ungewolltes Ende fand. Ich, die Fremde, wurde hier so liebevoll aufgenommen, sodass ich oft und gerne an die lieben Pfarrersleute zurückdachte. Darum folgte ich auch mit großer Freude einer Einladung und verlebte nun vom 4. bis 22. Juni schöne Tage im frohen Familienkreise. Wie wohl hat mir alle Liebe und Freundlichkeit getan.

Ich scheide mit Dank von den lieben Gastgebern. Zugleich danke ich aber auch Gott, dass er mich gerade in dieser harten und bösen Zeit so gastfreundliche und selbstlose Menschen finden ließ.

Ida Daegelow

 

(siehe Kap. Ostern 1945)

- Vom 20. Juli - 25. Juli

herbergten in unserem Haus teils vier, teils zwei Flüchtlinge aus Breslau. Sie blieben so lange, weil die noch tatkräftige Tochter des alten, dürren Ehepaares nochmal "schwarz" über die russische Grenze ging und dort noch Gepäck holte und herüberschmuggelte.

Der Hausvater

 

- Burghaun vom 5.8. - 16.8.1946

Es ist ja doch so wunderschön, einmal keine Trümmer zu seh'n.

Dies durft' ich hier haben im schönen Burghaun.

Die Ferien, sie eilen, es ist wie im Traum.

Ich danke so herzlich vieltausendmal für alle Liebe

wenn ich auch gern noch bliebe.

Doch es ruft die Arbeit, ich muss nach Haus',

lebt wohl Ihr alle im lieben Pfarrhaus!

In Treue und Dankbarkeit

Ihre Elisabeth Stöckel

 

- Burghaun vom 3.8.46 - 22.8.46

Für die schönen Ferientage, die ich in diesem gastfreien Pfarrhaus verleben durfte, danke ich recht herzlich und denke in steter Erinnerung an die schöne Zeit zurück!

In Dankbarkeit

Ihre Irmtraud Deidert

Zur Erholung aufs Land verschickte fremde Person.

 

- Mitten im kalten Winter vom 11. - 13. Dezember 1946

besuchte uns Onkel und Schwager Kurt Frese aus Felsberg. Er versprach und schickte Medizin für - das Schwein! Hoch leben die Apotheker!

Der Hausvater

In Burghaun hielten wir stets ein Schwein zur Versorgung der Familie mit Fleisch- und Wurstwaren.

 

- Ostern 1947 

Vereinigte Familie Paulsen - Krause

suchte Euch Ostern heim in Eurem Hause.

Doch leider noch nicht genug damit:

Der Harro bracht' gleich zwei Freunde mit!

Das Pfarrhaus war übervoll in doppelter Schicht.

Doch Eure Gastlichkeit kennt ja keine Grenzen nicht!

Meinen Dank sage ich Euch von ganzem Herzen

und fahre ab mit großen Semester-Schmerzen.

Harro

Angehöriger der bei uns aufgenommenen und befreundeten Familie Paulsen/Krause, der ungezählte Male in unserem Haus einkehrte.